Blockiert die Wohnimmobilienkreditrichtlinie den Wohnungsbau?

By | 8. Juli 2016

Seit dem 21. Juni 2016 müssen Banken und Bausparkassen die neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie umsetzen. Was als Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Hypothekendarlehen gedacht war, könnte sich als gewaltiger Bremsklotz und völlig kontraproduktiv zur staatlichen Förderung der selbst genutzten eigenen Immobilie herausstellen. Was steckt hinter dem Wortungetüm?

Verbraucherschutz ad absurdum geführt

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie besagt, dass die finanzierenden Institute bei einer Darlehensanfrage die wirtschaftliche Situation der Darlehensnehmer dahin gehend prüfen müssen, dass er über die Dauer seiner statistischen Lebenserwartung oder der Darlehenslaufzeit, wenn diese kürzer ist, das Darlehen jederzeit bedienen kann. Ausgangspunkt ist dabei immer der Zeitpunkt des Abschlusses. Nicht berücksichtigt werden die Tilgung im Laufe der Zeit sowie ein möglicher Wertzuwachs. Kriterien, die unter anderem eine ordnungsgemäße Rückführung beeinträchtigen können, sind unter anderem

  • Mögliche Scheidung bei verheirateten Antragstellern
  • Späterer Kinderwunsch
  • Verlust des Arbeitsplatzes
  • Schwere Krankheit

Umgesetzt bedeutet diese erweiterte Bonitätsprüfung, dass Immobilienfinanzierungen nur noch an alleine stehende Beamte vergeben werden dürften. Kein Institut kann zum Zeitpunkt der Kreditvergabe vorhersehen, ob der Darlehensnehmer in 15 Jahren seinen Arbeitsplatz verliert oder berufsunfähig wird. Diese Risiken sollen aber gemäß dieser Richtlinie im Vorfeld geprüft werden.

Sowohl Banken als auch Verbraucherschützer stehen den Inhalten der neuen gesetzlichen Vorgaben extrem zurückhaltend gegenüber. Der Immobilienmarkt boomt in Deutschland, auch wenn Experten in keiner Weise von einer Blase ausgehen. Das historisch niedrige Zinsniveau ermöglicht es einem großen Kreis von Mietern, den Traum von den eigenen vier Wänden endlich zu realisieren. Nach wie vor gibt es zu wenig Wohnraum in Deutschland, private Investoren zählen zu den treibenden Kräften, dieses Defizit zu minimieren. Würde diese Richtlinie konsequent umgesetzt, käme es nicht nur bei Finanzierungen zu Einbrüchen, das gesamte Baugewerbe wäre massiv in Mitleidenschaft gezogen.

Wie sieht es mit der langfristigen Planung aus?

Viele potenzielle Käufer planen langfristig und besparen beispielsweise einen Bausparvertrag. Für diese stellt sich nach Inkrafttreten der Richtlinie die Frage, ob sie ihren Bausparvertrag jetzt kündigen sollen. Fachportale, beispielsweise qomparo, gehen dieser Frage auf den Grund. Wohn-Riester zählt inzwischen zu den beliebtesten Formen, die staatliche Zulage einzusetzen. Da kein Mitarbeiter einer Bank die oben genannten latenten Risiken für die gesamte Dauer der Finanzierung ausschließen kann, dürfte kein Darlehen mehr ausgezahlt werden – hier hat sich der Gesetzgeber selbst ein Bein gestellt. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie sollte einen besseren Verbraucherschutz sicherstellen und Darlehensnehmer vor Zahlungsunfähigkeit bewahren. Es stellt sich allerdings die Frage, vor wem die Verbraucher geschützt werden sollen, vor sich selbst? Es bleibt im Interesse der Mieter, die sich die eigenen vier Wände wünschen, im Interesse des Baugewerbes und letztendlich der Banken zu hoffen, dass die Umsetzung der Richtlinie an der Realität scheiter.